I love Vietnam.... oder auch: oh what a nightmare!

Hello/Xin chào auch aus dem Zug! Sleeper Train. Reise diesmal deluxe. Nicht super deluxe, das wäre ein Flugzeug, aber nach meinem letzten 13 stündigen Horrortrip im Sleeperbus von Nha Trang nach Hoi An (Henne im Bus, die den Sitz vollkackt, Kamikaze Busfahrer, Transport Mafia und Jenny, die bei jedem Schlagloch mit dem Kopf gegen die Deckenverkleidung knallt,....), probiere ich jetzt für eine weitere lange Fahrt den Nachtzug aus. Erste Klasse! Soft sleeper, hui. Denkt man. Nee, so deluxe, wie es sich anhört ist es dann doch nicht. Toilette ist mindestens genauso dreckig wie in allen Zügen weltweit und die 4er Kabine ist genauso spartanisch eingerichtet wie eine Knastzelle. Liege, Matratze druff und das wars. Immerhin Strom. Leider hat sich der Zugangestellte ausgerechnet mein Abteil ausgesucht um hier auszuruhen und zieht im minutentakt die Nase hoch. Naja, hätte schlimmer kommen können. Kakerlaken noch nicht gesichtet, die solls auch manchmal geben.... Und außerdem bin ich heilfroh, überhaupt in diesem Zug zu sitzen! Warum? Erstmal alles der Reihe nach.

Von meinem mega Silvesterabend hab ich ja schon berichtet, mein Laptop sagt mir aber, dass heute schon der 09.01. ist. Neun Tage schon vergangen. Tolle und aufregende Tage. In 4 verschiedenen Betten und in einem Bus hab ich seitdem genächtigt, Weltkulturerbe bestaunt, durch Höhlen geschwommen, Tempel angeguckt, am Strand gelegen, mit dem Fahrrad herumgegurkt, Pho gegessen, mit Vietnamesen Reiswein gesoffen und die bisher für mich schönsten Orte Vietnams besucht.

Schönste Stadt war definitiv Hoi An. Für mich sogar die bisher schönste Stadt Südostasiens. Recht klein und überschaubar. Wunderschönes old quarter mit vielen kleinen Lädchen und Cafes, traumhaft am Fluss gelegen, Händler nicht zu aufdringlich sogar sehr freundlich und immer ein Lächeln auf den Lippen. Traumhaftes Wetter und nah am Strand gelegen. Wunderbar gegessen und günstig shoppen gewesen.


Dann gings weiter nach Hue, ohne große Erwartungen, und umso mehr beeindruckt von der Imperial Citadel, mit der forbidden purple city. Leider wurde vieles während des Vietnamkrieges zerstört, aber das macht den Ort eigentlich noch ein bisschen interessanter.


Weiter nach Phong Nha. Im Local Bus für 150 000 Dong anstatt 500 000 im Touri Minibus. Vietnamesen, die mich angucken und denken: what the hell are you doing on that bus? Aber egal. Hat super geklappt, irgendwo im Nirgendwo hielt der Bus an und der Fahrer hat mir signalisiert, dass ich aussteigen soll. Hmmm, ok. Und da stand dann Multi mit seinem Bike, ein Australier, der mit seiner vietnamesischen Frau ein Homestay führt, um mich abzuholen. Leider musste er mir gestehen, dass eine der Gäste krank geworden ist und sie sie nicht rauswerfen wollten, und sie deshalb leider kein Bett für mich haben. Mäh. Er mich aber gern zum nächsten Hostel fährt und ich so schnell wie möglich nachkommen kann. Ok, bleibt mir ja nichts anderes übrig und auch nett, das Kranke nicht einfach rausgeschmissen werden. Also ab hinten aufs Bike mit meinem Mörderrucksack und zum Easy Tiger gedüst. Und da ist es um mich geschehen. Ich habe mich verliebt. In die traumschöne Landschaft um den Phong Nha National Park.
Das Easy Tiger hatte zum Glück ein Bettchen für mich und so bin ich dort geblieben und habe für den nächsten Tag eine Höhlen Tour gebucht. Phong Nha ist der Ort, in dem die weltweit größte Höhle zu finden ist. Die habe ich leider nicht gesehen, denn dort dürfen jedes Jahr nur sehr, sehr wenige Menschen rein (2014 nur 84 Menschen, die 3000 USD übrig haben), dafür aber drei andere Höhlen, die für mich schon mega spektakulär waren.
Die Tour, die ich gebucht habe, hat mich zur Tu Lan Cave geführt, durch die wir in unserer lustigen und kleinen Gruppe geschwommen sind und zu einer weiteren, deren Name ich leider schon wieder vergessen hab. Die meisten Höhlen in der Gegend wurden übrigens erst vor wenigen Jahren entdeckt (die ganz große erst in 2005!) und liegen in einer Gegend, die vom Massentourismus noch gänzlich verschont geblieben ist. Bauern, mini Dörfer, Rinder und Hühner. Und halt wunderschöne Natur. Aber wahrscheinlich gerade deshalb. Vielleicht hätte ich den Ort hier auch lieber gar nicht schreiben sollen, umso weniger Menschen davon Erfahren, umso besser eigentlich für die Menschen dort und auch für die Höhlen selbst.

Nach der Tour konnte ich glücklicherweise zum ursprünglich gebuchten Pepperhouse umsiedeln und wurde dort mit offenen Armen von Multi und seiner Frau Diem empfangen. Mega tolles Homestay. Traditionell vietnamesisch. Offene Häuser, Komposttoiletten. Das Leben spielt sich draußen, vor dem Haus ab. Es wird gekocht, gewaschen, gegessen. Alle zusammen. Ich fühlte mich nicht wie ein Hotelgast, sondern wie ein Freund. Aber so soll es sein in einem Homestay, meiner Meinung nach.


Da ich relativ viel Geld für die vorherige Tour ausgegeben hatte (wovon sich jeder Cent gelohnt hat), habe ich es vorgezogen eine weitere Höhle in Eigenregie zu besichtigen. Die Phong Nha Cave. Nicht viel erwartet, hat mich die Höhle noch mehr von den Socken gehauen. Von einer Vietnamesin durch die Höhle gerudert, fühlte ich mich teilweise wie auf einem anderen Planeten. Ich war schon in vielen Höhlen, aber die war wirklich spektakulär. Da fragte ich mich, kann die Pradise Cave noch spektakulärer sein? Viele sagen: ja! Aber das muss ich wohl ein anderes Mal herausfinden, denn dahin bin ich leider nicht mehr gekommen.
Denn mein Zeitplan ist tight, genauso wie mein Budget. Hätte entweder eine Tour in die Paradise Cave buchen müssen oder ein Motorcycle mieten. War wirklich arg am überlegen, ob ich ein Motorcycle nehme und die 40 km selbst hinfahre, aber alleine hab ich mich dann doch nicht getraut. Saß noch nie auf so einem Ding. Lieber mal ausprobieren zusammen mit jemanden, der ein bisschen Erfahrung mit solchen Dingern hat.
Außerdem hat es heute geregnet, sodass ich sowieso mehr Lust hatte unterm Dach in der Hängematte rumzuhängen, anstatt durch die Gegend zu eiern und mir die Zeit bis zum pick up zur Train Station mit Lesen zu vertreiben oder mit den anderen Gästen zu schnacken.
Pick up war pünktlich um 20:30 Uhr dort, reingehüpft und nach Dong Hai zum Bahnhof fahren lassen, das ca. 40 min von Phong Nha entfernt liegt. Zugticket hat mir das Easy Tiger besorgt, geauso wie den Pick up. An der Station angekommen hab ich den Transport bezahlt und mein Train Ticket verlangt, dass der Busfahrer haben sollte. Der hat mich nur blöd angeguckt. Verständigungsprobleme? Train Ticket, Train Ticket? Er verschwindet. Kommt nach 5 Minuten mit jemanden zurück, der Englisch spricht. Der Busfahrer hat kein Train Ticket für mich. AAAAAARGGGGGGG. Sollte er aber! Nein, hat er aber nicht. Easy Tiger hat ihm keins für mich gegeben. ARRRRRGGGGG, hab das aber schon bezahlt! Und nun? Easy Tiger anrufen. Der planloseste Typ von allen am Apparat. Ob das mal gut geht? Angeblich no problem, no problem Madam. Schicken jemanden hinterher, der mir mein Zugticket bringt. Oh boy, aufkeimende Panikattake. Noch über eine Stunde, bevor der Zug laut Plan abfahren soll. Das müsste machbar sein. 30 Zigaretten vorm Bahnhof geraucht. Jedem Rollerfahrer sehnsüchtig angeuckt: do you have my ticket? Häh, watt will die?

Der Zug fährt ein. Kein Ticket.

Die Kontrolleure gucken mich fragend an. Immer noch kein Ticket.

Noch 10 min bis zur geplanten Abfahrt.

Die Sekunden auf der großen Bahnhofsuhr ticken höhnisch immer lauter. Tick, tack, tick, tack.

Kein Rollerfahrer, kein Ticket.

Tick, tack, tick, tack.

Ein Schaffner kommt und fragt, was nun mit mir ist. Ich gestikuliere wild; no ticket, coming soon, coming soon. Versteht er mich? Zumindest sieht er die Verzweiflung in meinen Augen.

Tick, tack, tick, tack.

Ein Lichtkegel biegt in die Bahnhofsstraße. Das hundertste, seitdem ich dort stehe. Meine Hoffnung ist schon auf die größe eines Sandkorns geschrumpft und ich überlege, ob es hier irgendwo in Bahnhofsnähe ein billiges Hotel gibt.

Der Lichtkegel kommt auf mich zu und hupt. Meint er mich? Ist das der Mann mit meinem Ticket? Er winkt! Oh boy, ja, dass muss er sein. Ich schreie in den Bahnhof: ticket, ticket, in der Hoffnung, dass nicht genau jetzt der Zug sich in Bewegung setzt. Schnappe mir von dem armen Mann, der aussieht wie ein begossener Pudel das Ticket und renne, so schnell es mit 18 kg Gepäck geht, zum Bahnsteig, immer noch mit dem grauenhaften Gedanken, dass sich der Zug genau jetzt in Bewegung setzt. Tut er glücklicherweise nicht und ich schaffe es tatsächlich 2 Minuten vorher den Zug zu erklimmen! Finde mein Abteil, meine Liege für diese Nacht, setze mich und denke nur: what a nightmare! Bin aber sehr dankbar, dass ich ein Sonntagskind bin und am Ende doch immer alles gut wird...!


So, 8 Stunden später und ich sitze immer noch im Zug nach Hanoi. Habe es tatsächlich geschafft mindestens 5 Stunden zu schlafen und fühle mich nicht komplette gerädert. Keine Ahnung, wann wir ankommen sollen, aber ein, zwei Stündchen sind es wohl noch. Das Reisen in Vietnam ist einfach sooooo langsam.  Entfernung schätze ich auf 600 - 700 km, und sitzte schon seit 10 Stunden im Zug! 10!!!!! Aber spielt auch nicht wirklich eine Rolle, wann ich in Hanoi ankomme. Plan ist: Gepäck einschließen, Stadt angucken um 20 Uhr mit einer Bekannten zu treffen und mit ihr zusammen heute Abend den nächsten Nachtzug zu nehmen und nach Lao Cai/Sapa zu fahren. Yeah, wat für ein Plan, wer hat sich den nur ausgedacht? Ach Mist, das war ja ich selbst, in meinem Wahn noch so viel Vietnam wie möglich in meine verbleibenden Tage zu quetschen.


Das Gefühl für ein Land ist immer schwer in Worte zu verpacken, kann nur so viel sagen, dass umso länger ich hier bin und umso höher ich in den Norden reise, mir Vietnam immer besser gefällt. Die Menschen, die Natur und Kultur, einfach ein tolles Land. Wünschte ich hätte mehr Zeit für den Norden eingeplant oder generell mehr Zeit, aber der Flug für den 16.01. zurück nach Bangkok ist längst gebucht und mein Visum wäre eh nur noch bis 21.01. gültig.


Und ich bin sicher, auch Thailand wird großartig werden....! <3                       

Wenn dieser Text hier am 10.01. online geht, dann habe ich wahrscheinlich ein nettes Cafe in Hanoi gefunden, dass mit Wi-Fi ausgestattet ist.

 

Nachtrag 10.01: jep, hab ich gefunden. Vietnamesicher Kaffee ist einfach mal so viel besser als der thailändische.....

 

 


Und.... jemand Bock bekommen auf eine Vietnamreise?


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Kommentare: 7
  • #1

    Kubi (Freitag, 10 Januar 2014 12:36)

    Hallo Jen,

    ganz toller Bericht und wirklich eindrucksvolle Bilder - und ein rieeesen Glück, dass Du den Zug noch bekommen hast :-)

    Wo ich das alles so sehe, so kann ich im Grunde nur sagen - jupp, ich hab auf jedenfall Bock auf eine Vietnamreise bekommen!

    Viele Grüße,
    Kubi

  • #2

    Catherine (Freitag, 10 Januar 2014 19:11)

    Sitze vor dem Laptop und seufze fasziniert...definitiv eine Reise wert! Diese Natur!
    La Gomera wird mir hoffentlich ein bisschen von dem nagenden Neid nehmen! ;)

    Liebe Grüße!
    Catherine

  • #3

    Jenny (Samstag, 11 Januar 2014 19:28)

    Liebe Jen,
    ich freu mich immer, wenn es etwas Neues von dir zu lesen gibt!
    Sehr beeindruckend, was du so treibst und siehst und die Bilder sind toll (obwohl ich zwei kleine Herzinfarkte wegen der Spinnen in Nahaufnahme hatte...) ;)
    Schön, dass es dir gut geht!

    Liebe Grüße und ganz viel Spaß noch!!!!

  • #4

    Dieter (Sonntag, 12 Januar 2014 13:46)

    Moin Jenny,
    ich kann nur sagen: TOLL!!!!!!!
    LG Dieter+Gerda

  • #5

    Sabrina (Montag, 13 Januar 2014 19:55)

    Hallo Jen, du siehst soooo glücklich aus. Danke für die tollen Eindrücke und sei ein Schwamm und saug alles auf :-)

    Fühl dich gedrückt!

    Sabrina

  • #6

    Daddy D (Mittwoch, 15 Januar 2014 14:59)

    He Jen,
    finde Deine Berichte sind von professioneller Qualität, werden immer besser. Vielleicht solltest Du Dich nach Deiner Rückkehr bei einem Reiseführer-Verlag bewerben... :-)
    Und auch die Fotos sind großartig, Kamera war die richtige Wahl... Es gibt übrigens so ein Stativklemme, die man auf eine Flasche oder auf einen Knüppel vom Wegesrand, aufklemmen kann, z.B.: "Somikon Flaschenkopf Klemmstativ"
    Die sind winzig, leicht und billig - vielleicht wäre das was...

    Dein Kochkreis-Platz ist noch frei :-)

  • #7

    Stephan T (Mittwoch, 15 Januar 2014 17:04)

    Lieben Gruß aus Mui Ne.
    Habe von Deinem Bericht Lust bekommen auch den Norden zu bereisen. Vielleicht beim nächsten Mal.